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Es ist bald Halloween – Zeit zum Gruseln – auch am Immobilienmarkt!

Nach zwölf Jahren durchgehenden Sonnenscheins ziehen nun endgültig dunkle Wolken am Immobilienhimmel auf.

Was sich in den letzten Monaten unter dem Eindruck von Pandemie, Krieg, Ressourcenknappheit und Inflation schon abgezeichnet hat, wird nun in zunehmendem Maße manifest: Angebot und Nachfrage finden nicht mehr zueinander. 

Wir bekommen derzeit überdurchschnittlich viele Immobilienangebote – wir können das anhand unseres Archivs mit 70.000 Angeboten in den letzten 17 Jahre statistisch sehr gut nachvollziehen.

Das meiste davon ist aber noch immer – wie ich es nenne – mit einem Preisetikett aus dem Jahr 2021 versehen.

Genau dieses wollen Investoren aber nicht mehr akzeptieren und warten auf Preissenkungen. 

Wie weit es nach unten geht, ist jetzt die entscheidende Frage, die alle umtreibt.

Eine Spurensuche.

Es sind derzeit eine Menge Bälle in der Luft, von denen wir noch nicht wissen, wo sie landen werden.

  • Wie geht der Ukraine-Krieg weiter? Und wie weit geht Putin?
  • Wie hoch steigen die Energiekosten und können sich Otto und Ottilie Normalverbraucher das noch leisten? Wird der Staat dann regulierend in den Immobilienmarkt eingreifen?
  • Drohen im Winter wirklich Gasmangel, ein Blackout oder noch Schlimmeres?
  • Wie hoch wird die Inflation und wie sehr schlittern wir in die Rezession?
  • Bis wohin steigen die Zinsen? Und wie kann sich z. B. Italien, das jetzt schon bei einem Spread von über 200 Basispunkten Aufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen liegt, seine Verschuldung weiter leisten?

Wir haben es nun nicht mit einer eindimensionalen Krise wie nach der Lehman–Pleite 2008 zu tun, sondern diesmal ist die Sachlage viel komplexer und vielschichtiger, mehrere Krisen, wie ich schon einmal an dieser Stelle geschrieben habe, überlagern sich.

Spannend wird es auch auf der Finanzierungsseite. Neufinanzierungen, vor allem mit längerer Fixlaufzeit, sind natürlich dramatisch teurer geworden, aber auch flexible Hypothekarfinanzierungen steigen. Und dann sind da noch Unternehmensanleihen von Immobilienfirmen und Fonds in beträchtlicher Höhe, die in den nächsten Jahren refinanziert werden wollen, ganz zu schweigen vom Mezzanin–Kapital.

Wenn man all diese Faktoren unter dem Brennglas betrachtet, dann liegt die Vermutung nahe, dass es mit den Preisen weiter abwärts gehen muss.

Gar nicht so wenige Objekte werden einstweilen tatsächlich von Maklern mit Preisreduzierungen offeriert. Die meisten dieser Senkungen spielen sich in einer Bandbreite von 5–15 % des früheren Exposé-Preises ab, in wenigen Fällen noch darüber, will heißen bei 15–25 %.

Das klingt nach gar nicht so wenig, man muss dabei aber bedenken, dass zuletzt ja oftmals Mondpreise aufgerufen wurden; wenn also ein Angebotspreis ohnehin schon um 15 % zu hoch war, dann hilft eine Senkung um 20 % auch nur bedingt, denn dann sind wir gerade mal bei minus 5 % vom Marktwert.

Das heißt, das Renditeniveau wird sich ändern müssen, immer in Korrelation mit Quadratmeterpreis, Lage, Zustand, Bestandsmieter und Charakter der Immobilie. Im Fall von Berlin etwa glaube ich, dass die magische Grenze, ab der Investoren wieder Interesse zeigen, bei 4 % Rendite liegen wird, ausgenommen Toplagen. Entsprechend geringfügig abgestuft darüber werden Städte wie Leipzig und Dresden liegen, dann kommen Standorte mit über 100.000 Einwohnern und schließlich C–Lagen, da wird’s wohl wieder in Richtung 6 % plus gehen.

Wer hingegen glaubt, in Berlin bald wieder Immobilien mit 5 % oder 6 % Rendite einkaufen zu können, der wird meiner Ansicht nach enttäuscht werden. Diese Zeiten sind für immer vorbei. Als wir vor 17 Jahren in den Berliner Markt einstiegen, war die Stadt nicht mit der Metropole von heute vergleichbar. Berlin hatte damals mit unzähligen Problemen zu kämpfen und war die ungeliebte Hauptstadt der Bundesrepublik. Selbst in guten Lagen fand man in vielen Objekten ein Mietpreisniveau von € 4, € 5 vielleicht € 6 pro Quadratmeter und Monat vor, selten höher. Da liegen wir heute beim Zwei- bis Dreifachen, bei Neuvermietungen sogar noch darüber. Die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen sind mit Wien vergleichbar, im Neubau gibt es kaum etwas unter € 6.000. Heute sind Berlin, aber auch andere Städte wie Leipzig, Dresden, Erfurt, Magdeburg, Rostock etc. „gemachte Standorte“. Und Deutschland ist die wichtigste Wirtschaftsnation Europas.

Vor allem der Quadratmeterpreis spielt in der Gesamtbetrachtung eine wichtige Rolle. Mein Argument, der Neubau wird aufgrund der Rahmenbedingungen immer teurer, da können Altbauten im Preisvergleich nicht ins Bodenlose stürzen, halte ich nach wie vor aufrecht. 

Der wahre Preis einer Immobilie wird von Angebot und Nachfrage bestimmt, nie war dieser Satz zutreffender als jetzt. Wie weit die Preise nämlich tatsächlich nach unten gehen, weiß man als Investor erst, wenn man den Boden ausgetestet hat und ein Angebot abgibt. In diesem Sinne kann ich alle Leserinnen und Leser nur ermutigen, wenn ihnen ein Haus gefällt, sei es aus unserem Newsletter Angebot, oder auch vom Makler ihres Vertrauens übermittelt, selbst wenn es auf den ersten Blick zu teuer erscheint, machen Sie ein Angebot zu dem Preis, der für sie den tatsächlichen Marktwert entspricht.

Zur Abwechslung mal auch eine gute Nachricht: Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist stabil. Eine positive Zuzugsbilanz in Deutschland und Österreich, eine Umschichtung von Eigentumsnachfrage auf den Mietmarkt aufgrund von Finanzierungsproblemen und parallel sinkende Neubauzahlen sind die Basis für diese Stabilität. Für die Pessimistenunter uns: Ja, ich weiß schon, steigende Betriebs– und Energiekosten könnten irgendwann auch auf die Mieten durchschlagen. Aber da sind wir dann wieder beim Thema staatliche Eingriffe.

Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Einerseits kann ich all die genannten Ingredienzien gedanklich zu einem toxischen Cocktail zusammenmixen, andererseits wären genau diese Bestandteile aber auch ein Argument für die Flucht in Sachwerte. Wenn das Geld am Sparbuch, Minipluszinsen hin oder her, 10 % oder mehr pro Jahr an Kaufkraft verliert, ist dann die Immobilie gleich Betongold vielleicht doch weiter eine Überlegung wert?

Einmal ganz anders ausgedrückt: Vielleicht ist jeder Gedanke, in Immobilien zu investieren, momentan eine Wette. Wo kann ich mehr verlieren – beim eventuellen Immobiliencrash oder am Sparbuch?

Nehmen wir einmal an, wir bekämen in den nächsten fünf Jahren kumuliert 40 % Inflation, dann wäre das Sparguthaben nach fünf Jahren 40 % weniger wert. Plausibel?

Oder glaube ich, dass Immobilien in den nächsten fünf Jahren möglicherweise 40 % an Wert verlieren? (Bei diesem Szenario muss mitbetrachtet werden, dass auch der Kreditanteil zur Finanzierung der Immobilie – für vorsichtige Anleger in Krisenzeiten vielleicht 50/50 – in diesen fünf Jahren dann inflationiert viel an Wert verloren haben wird).

Also welches Szenario ist jetzt furchteinflößender?

Wenn Sie noch immer unsicher sind, dann werfen Sie eine Münze.

Quod erat demonstrandum

Nachdem ich vorhin gerade keck behauptet habe, dass ich nicht glaube, dass die Preise für Zinshäuser unendlich fallen werden, reziprok die Renditen nicht in den Himmel steigen können, machen wir die Probe aufs Exempel.

Mein Gegenargument sei wiederholt: In Zeiten steigender Neubaukosten und geringerer Neubauleistung kann der Altbau im Vergleich nicht viel billiger werden.

Zur Verifizierung/Falsifizierung nehme ich exemplarisch vier Häuser aus dem MAGAN–Oktober-Newsletter heraus und mache mit Ihnen – obwohl ich Mathematik in der Schule gehasst habe – eine Rechenaufgabe.

Das Zinshaus Tegeler Weg in Berlin befindet sich in toller Lage in Charlottenburg, mit Blick auf Wasser und das Schloss.

Der ursprünglich genannte Kaufpreis lag bei € 11 Millionen, einstweilen wurde er auf € 10 Millionen gesenkt. Da sind wir dann bei € 2.971 pro Quadratmeter bzw. 3,82 % Rendite.

Wenn wir jetzt mal annehmen, dass im Worst–Case–Szenario dieses Objekt noch einmal um 25 % (weil der Preis ja schon einmal gesenkt wurde) fällt, dann wären wir final bei € 2.524 pro Quadratmeter und 5,1 % Rendite.

Wir haben mal auf Immoscout recherchiert und im Ein-Kilometer-Radius vom Tegeler Weg nach Neubauwohnungen gesucht, sieben Stück gefunden, Baujahre 2018 bis 2020, die Preise liegen dabei zwischen € 6.000 und fast € 11.000 pro Quadratmeter, im Mittel bei rund € 8.200 pro Quadratmeter.

So, das ist jetzt genau der springende Punkt bei meinem Argument – wenn der Neubau am Standort bei € 8.000 liegt, dann wird der Quadratmeterpreis für den Altbau nicht ewig nach unten gehen, der Gap wird einfach zu groß.

Zweites Beispiel, die Theresienstraße in Dresden, absolute Bestlage, ein gemischt genutztes Wohn- und Geschäftshaus. Angebotspreis € 2,75 Millionen, es gibt aber Indizien, die darauf hindeuten, dass man auch mit € 2,5 Millionen durchkäme – dann wäre man bei € 2.115 pro Quadratmeter und 4,36 % Rendite.

Nehmen wir nun wieder 25 % Preisverfall an, dann käme man auf einen Preis von € 1.875.000 bzw. € 1.586 pro Quadratmeter und 5,81 % Rendite.

Gegencheck bei Immoscout. Wir haben neun Neubauimmobilien im Umkreis gefunden, Baujahre 2016 (Fertigstellung) bis 2024, die Preise liegen zwischen € 4.800 und € 8.900, im Schnitt bei € 6.600 pro Quadratmeter.

Nächster Akt, Chemnitz.

Ein Neubau von 1994 in Chemnitz, Elisenstraße, zentrumsnah, Aufzug und Balkone, Kaufpreis gemäß Exposé € 1,2 Millionen, das sind dann € 1.512 pro Quadratmeter und 4,72 % Rendite.

Bei diesem Objekt gab es noch keine Preissenkungen oder diesbezügliche Andeutungen, wir gehen also von einem maximalen Verfall von 40 % aus, da wären wir dann bei € 720.000, € 908 pro Quadratmeter bzw. 8,7 % Rendite.

Echt jetzt, glaubt das jemand?

Gegencheck auf Immoscout, in Chemnitz sind Neubauwohnungen auch nicht billig, wir haben vier im entsprechenden Radius gefunden. Alles Fertigstellungen von 2023 bis2025, Preise zwischen € 3.900 und € 5.800 (Letzteres für ein Penthouse).

Und schließlich ein peripherer, kleinerer Standort, ein Gründerzeithaus in Platzlage inGörlitz am Sechsstädteplatz, Kaufpreis € 749.000, das entspricht € 1.158 pro Quadratmeter und 4,47 % Rendite.

Fällt der Kaufpreis um 40 %, dann wären wir bei € 449.400, € 694 pro Quadratmeter und 7,45 % Rendite.

Gegenprobe auf Immoscout. Tatsächlich gibt es in Görlitz derzeit keinen einzigen echten Neubau und auch nur 20 Altbauwohnungen, die im Preisbereich von € 1.000 bis € 2.300 pro Quadratmeter liegen. Und das bei einer Stadt mit 55.000 Einwohnern.

Natürlich kann man jetzt auch in apokalyptisches Denken verfallen und der Meinung sein, dass ohnehin alles den Bach runter- und die Welt untergeht, aber wenn man es realistisch betrachtet, dann sind – siehe Experiment mit den Quadratmeterpreisen – Preiseinbrüche in Crash-Dimensionen aus heutiger Sicht, wie ich finde, eher unwahrscheinlich.

So fühle ich mich in Ziegeln investiert doch wohler als mit einem von der Inflation angeknabberten Sparbuch oder an den volatilen Aktien- und Anleihenmärkten.